Die Schlüssel
„Schüler oder Suchende?“, die Frage hallte bedeutungschwanger nach. Es gab noch so viel zu lernen und hier ergab sich möglicherweise die Gelegenheit. Aber wollte ich die nächsten zehn oder gar einhundert Jahre zwischen Untoten unter der Erde verbringen? Nein, sicher nicht. Ich war eine Suchende. Ich suchte meine Herkunft, die Kammer des Wissens, Wissen an sich, Zaubersprüche, alchimistische Rezepte, magische Artefakte und ein Säckchen Edelsteine würde auch nicht schaden. Ich war mir sicher, ich war eine Suchende. Die anderen mussten vermutlich gar nicht darüber nachdenken, zumindest waren wir uns einig. Wir waren Suchende und das sagten wir dann auch. Der Geist teilte uns daraufhin mit, die Kammer des Wissens sei mit drei Schlössern gesichert. Achja? Und wir müssten drei Prüfungen bestehen um die Schlüssel zu erlangen. Wie klischeehaft! Wir sollten die Prüfungen besser ausgeruht antreten. Sicher doch, wir hatten doch gerade eine längere Pause gemacht. Der Geist fragte dann, ob wir bereit seien. Ein kurzer Blick in die Runde offenbarte, wir waren bereit. Keiner könnte es jetzt aushalten noch länger zu warten. Zwerg vielleicht? Nein, keiner. Wir stimmten zu. Bereit! Der Raum um uns herum begann undeutlich zu werden und nahm die Gestalt einer Arena an. Wir standen im Eingang, links und rechts waren Tribünen. In der Mitte der Arena stand ein gut gerüsteter, kräftiger Ork. Er trug ein Langschwert und ein Schild. Seine Augen blitzten gefährlich glutrot. Könnte auch an der Beleuchtung gelegen haben. „Einer von Euch muss in den Ring steigen, gegen den Ork kämpfen und ihn töten.“, sagte der Geist. Oha! Freiwillige vor! Adalbert schien ideal geeignet und zierte sich auch nicht allzusehr. Zwerg segnete ihn mit noch mit Bärenstärke, das würde hilfreich sein. Zusätzlich setzte er den neuen magischen Helm auf. Ich erinnerte ihn nochmal daran, dass wir nicht wussten, was der Helm bewirkte. Er könne jede Hilfe gebrauchen, waren Adalberts Worte bevor er ihn endgültig aufsetzte. Diese Worte schienen Jacques zu inspirieren. Er begann ein Lied zu singen, eine Art Heldenepos. Das sollte wohl motivierend sein. Wenn das mal gutging. Adlabert hob sein Schwert und betrat die Arena. Was soll ich sagen. Es war ein blutiger Kampf. Anfänglich sah es aus als würde der Orc Adalbert in Stücke schneiden. Vielleicht war es eine besondere Passage aus Jacques Epos oder die Magie des Helms oder einfach nur der Überlebenswille von Adalbert. Auf jeden Fall konnte er den Kampf für sich entscheiden. Der Orc brach zusammen und bettelte um Gnade. Er würde uns auch ein Geheimnis verraten. Das war so nicht vorgesehen. Die Aufgabe, wörtlich genommen, verlangte nach einem toten Orc. Das könnte Komplikationen geben. Adalbert würde den Orc nicht töten. Nicht, solange der sich nicht zur Wehr setzte. Vielleicht war die Aufgabe ja auch nicht wörtlich zu nehmen. Zumindest schien es nicht fair, den Orc jetzt noch zu töten. Er hatte den Kampf offensichtlich verloren. Das war dann auch Adalberts vorhersehbare Entscheidung und der Orc verriet sein Geheimnis. Irgendein verwirrtes Gestammel über Rebellen und was wir zu tun hätten. Vermutlich starb er doch und war schon im Delirium. Ich würde es mir trotzdem mal merken. Man weiß ja nie. Die Umgebung änderte sich wieder und wir waren zurück im ovalen Raum. Zwerg kümmerte sich sofort um Adalbert. Der Geist erschien und überreichte uns den ersten Schlüssel mit einem Lächeln und den Worten: „Ihr habt die Prüfung bestanden, seid Ihr bereit für die Nächste?“. Das ist ja nochmal gut gegangen. Nachdem Zwerg Adalbert wieder einigermaßen zusammengeflickt hatte waren wir auch bereit. Der Geist übergab uns ein seltsames Rätsel. Eine Steinplatte mit verschiebbaren Symbolen. Außergewöhnlich sauber verabeitet. Die Symbole konnten nicht beliebig verschoben werden, sondern nur in Abhängigkeit zum Nachbarn. Alles magisch natürlich und ziemlich kompliziert. Wir sollten die Symbole so verschieben, dass ein großes Symbol, das Symbol für Wissen, dargestellt würde. Das ganz schien eine Art Logikaufgabe zu sein. Prädestiniert für mich sozusagen. Ich machte mich mit den Möglichkeiten vertraut und begann Symbole zu verschieben. Die anderen verloren schnell das Interesse oder den Überblick. Bis auf Jacques und Zwerg. Die Sache war komplizierter als gedacht. Irgendwie entzog sich die Lösung jeglicher Logik. Nach einigen Stunden vergeblichen Probierens war es dann Zwerg, der letztlich die Lösung fand. Zum Wissen durch Weisheit. Er versetzte sich in eine Arte Trance, fühlte angeblich die Steine, und schob sie einfach in die richtige Position. Mit dem letzten Stein in Position rastete das Gesamtsymbol ein und der Geist erschien aufs Neue. „Ihr habt auch die zweite Prüfung bestanden. Seid Ihr bereit für die Letzte?“, fragte der Direktor während er uns den zweiten Schlüssen überreichte. Wir waren erschöpft aber bereit. „Findet den Ausgang“. Aufs Neue veränderte sich unsere Umgebung. Wir standen in einem leeren Raum. Der Raum hatte vier Türen. Auf die Türen war eine Art Denkspiel geschrieben. Ich las es laut vor, das hilft beim Konzentrieren und auch denen in der Gruppe, die nicht so gerne lesen. Kaum hatte ich zuende gelesen, als die Schrift verschwand und auf jeder der vier Wände eine Zahl erschien. Lösungsvorschläge vielleicht? Wir sollten wohl durch die Tür mit der richtigen Lösung gehen. Kurz zusammengefasst, es war ein Labyrinth mit Rätselräumen. Die richtigen Lösungen führten durch die richtigen Türen und letztendlich zum Ziel. Wir lösten die Rätsel diesmal als Gruppe. Erfolgreich. Sowieso! Die letzte Tür führte uns zurück in den ovalen Raum. Ein überaus erfreuter Geist übergab uns den dritten und letzten Schlüssel. Sollte das alles so einfach gewesen sein? Wir bedankten uns und eilten zur runden Tür. Mit den Schlüsseln war das Öffnen der Tür ein Kinderspiel. Sobald die Tür offen war hörten wir die Stimme des Direktors rufen. „Ihr habt mich erlöst, ich danke Euch!“. Ach so war das. Na hoffentlich mussten wir nicht seinen Platz einnehmen. Von wegen Klischee und so. Aber dazu später. Wir betraten die Kammer. Hier war alles vollgestellt mit leeren Bücherregalen. es gab nur ein einziges Buch in dem ganzen Raum. Das lag auf einem Pult genau in der Mitte. Ein richtig großes Buch. Mit einem güldenen Einband, massiv mit Edelsteinen besetzt. Das mussten hunderte sein. Wie das funkelte. Sogar eine kleine Stufe für Gnome war vorhanden. Wir eilten sofort zu dem Pult. Sollten wir das Buch öffnen? Wir waren schließlich in einer Magierakademie und wer, wenn nicht ich, wusste besser, was Magier mit Büchern machten, die sie schützen wollten. Sollten wir das Buch öffnen? Würden wir alle in Katzen verwandelt werden? Ich weiß auch nicht wo dieser Gedanke herkam, vielleicht eine Warnung des Buchs? Die Edelsteine waren so angeordnet, dass man mit viel gutem Willen den Schriftzug Buch des Wissens erkennen konnte. Oder fing ich schon an zu fantasieren? Sollten wir das Buch öffnen? Blöde Frage. Natürlich! Ich öffnete das Buch.
Ein Gedanke zu „Die Schlüssel“