Die Burg am See
Mittlerweile war unsere kleine Abenteurergruppe beinahe zu einer schlagkräftigen kleinen Armee herangewachsen. Vitali und Vladimir, die beiden übergroßen Halborc Krieger mit der Vorliebe für Zweihandwaffen. Rabe, der Neue, ein menschlicher Schwertmeister, hielt einem Vergleich mit den Halborc Brüdern in Größe und Stärke mühelos stand. Adalbert der verwirrte Möchtegern-Paladin und Avamys der elfische Schwertvirtuose, sowie Cart, der etwas eigenartige aber verlässliche Kundschafter mit seinem Falken und nicht zu vergessen Zwerg, der Zwergenpriester ohne Namen. Das machte immerhin sieben schlagkräftige Kämpfer. Dann wären da noch Jacques, der elfische Waldläufer mit künstlerischer Anmutung und meine Wenigkeit, die Köchin.
Diese erlesene und vielgeprüfte Auswahl an Abenteurern und Helden machte sich also wieder einmal auf den Weg ins Ungewisse. Bereits am frühen Morgen verliessen wir Avangurta und zogen auf dem Handelsweg weiter gen Norden, Nordosten um genau zu sein. Der Schnee lag hoch so dass wir den Weg nur an den vereinzelt aufgestellten Stangen und den gelegentlichen Wegmarken erkennen konnten, auf die man uns in Avangurta vorbereitet hatte. Aber mit Cart und seinem Falken machte ich mir um den richtigen Weg keine Gedanken, die beiden hatten sich oft genug als Führer bewährt. V und V ritten unter dem Motto „Wir machen den Weg vrei!“ vorne und kämpften sich durch den hohen Schnee. Das machte es den Ponyreitern und Jacques, dem einen Fußgänger, etwas leichter. Cart und Falke übernahmen die Sicherung des Weges. Die Tage verliefen eintönig und fast schon langweilig. Die Nächte zum Glück ruhig. Am dritten Tag erreichten wir den Anfang einen großen, breiten Tales. Der Weg, oder das was wir für den Weg hielten führte bergab in das Tal hinein. Am Ende des Tages hatten wir die Talsohle noch nicht erreicht aber der Schnee lag nicht mehr so hoch und wir fanden einen guten Platz für ein Lager. Das Lager aufzuschlagen war bereits Routine. Jeder hatte seine Aufgaben. Ich kochte. Auch wenn die Ergebnisse nicht immer für jeden zufriedenstellend waren und es gelegentlich zu heftigen Diskussionen kam, wollte doch niemand sonst den Posten übernehmen. Rabe war als Küchenhelfer eingeteilt. Geplant war, dass er saftige Steaks aus einem großen Stück Fleisch schnitt. Das Ergebnis war eher Geschnetzeltes. Was da wohl in ihn gefahren ist? Gegessen wurde es trotzdem.
Am nächsten Tag erreichten wir den Boden des Tals. Hier lag noch kein Schnee, aber der Winter hatte ja auch erst begonnen. Die Temperaturen lagen dicht über dem Gefrierpunkt.
Am nächsten Tag entdeckten wir die Burg. Der jetzt gut erkennbare Handelsweg führte kurvenreich in etwa durch die Mitte des breiten Tales. Die beiden Hänge rechts und links waren stark bewaldet. Unmittelbar vor uns lag ein kleiner See, an dessen Ufer der Weg vorbeiführte. Am Rande des Sees, direkt am Ufer lag die Burg.
Es waren zwar keine Anzeichen von Rauch zu erkennen, aber einige vermutlich frisch ausgebesserte Stellen im Mauerwerk und ein paar abgesägte Äste der dicht an der Burg stehenden Bäume deuteten doch darauf hin, dass die Burg bewohnt war. Beim Näherkommen bemerkten wir, dass das Tor offenstand. Durch den Torbogen konnten wir einen aufgeräumten Burghof erkennen und ein großes Schild, das auf das Gasthaus „Zum gespaltenen Eber“ hinwies. Das war es also. Wir hatten das Gasthaus gefunden. Wir ritten durch das Tor und wurden von einem älteren Herrn freundlich empfangen. Er kümmerte sich sofort um unsere Pferde und lud uns ins Gasthaus ein. Wirklich nett hier. Im Gastaus gab es dann die nächste Überraschung. Hier fand sich eine Ansammlung fast aller bekannten Rassen. Elfen, ganze und halbe, Zwerge, Gnome, Halborcs und Menschen. Ein Gemisch wie in unserer Gruppe. Das konnte man durchaus ungewöhnlich nennen. Wir wurden auch hier freundlich aufgenommen und erfuhren alsbald, dass sich eine Gruppe Flüchtlinge aus dem Nordosten vor einigen Jahren diese Burgruine als Heimstatt erwählte und diese wieder in einen bewohnbaren Zustand gebracht hat. Seitdem dient sie auch als Gasthaus für Reisende. Es ist natürlich noch viel zu tun, aber im Großen und ganzen ist die Burg gut bewohnbar. Einzig im Winter, wenn die Nahrungssuche in den Hochlagen schwierig wird, kommt es verstärkt zu Übergriffen von Orcbanden. Für eine gute Verteidigung ist die Burg noch nicht gerüstet. Einer der Elfen erzählte außerdem, dass er Nachts oft ein „schleichendes Übel“ in der Nähe spürt. Könnte auch der selbstgebrannte Schnaps sein. Jedenfalls boten uns die Bewohner an, hier zu überwintern. Für ein wenig Mithilfe bei der täglichen Arbeit wäre Kost und Logie frei und jedes zusätzliche Schwert wäre bei einem Angriff der Orcs natürlich auch willkommen. Es ist ja nicht so, als hätten wir es eilig. Wenn der Winter mit Macht über den Handelsweg einbricht, kommen vielleicht auch die Streitrösser von V und V nicht mehr weiter. Ein warmer Kamin und nette Gesellschaft zu einem akzeptablen Preis, wer kann dazu schon nein sagen. Es dauerte nicht lange und wir stimmten zu. Wir würden die Verteidigung der Burg verbessern, die zu dicht an der Mauer stehenden Bäume fällen, die Gegend erkunden und im Allgemeinen unsere Fertigkeiten verbessern. In der Burg überwinterte auch eine andere Abenteurergruppe, alles Veteranen, die seit Jahren jeden Winter hier sind. Da könnte man bestimmt was lernen. Ich selbst würde mich unter anderem mit dem Studium der Kochkunst beschäftigen. Die Küche hier war ausgezeichnet und das sagten alle.
Gesagt, getan. Wir bekamen einfache, aber komfortable Zimmer zugewiesen. Nur Vitali schlug sein Zelt im Burghof auf. Aber das kannten wir ja schon.
Und so gingen Tage und Wochen ins Land. Zwerg beschäftigte sich mit Steinarbeiten und besserte unter anderem die Burgmauern aus. V und V fällten Bäume und arbeiteten in der Schmiede, Rabe, Jacques und Avamys brachten das Holz in der Burghof und zerkleinerten es. Adalbert musste in den Keller zu den Dunkelelfen zum Geschirrspülen und ich lernte in der Küche die Kunst der Haute Cuisine. Nebenbei versuchten wir unsere anderen Fertigkeiten soweit möglich zu verbessern. V und V übten sich im Bogenschießen, teils auch im Wettkampf mit einer Halborcfrau, die den beiden zeigte wie man das richtig macht. Avamys übte sich im Schwertkampf und ich beschäftigte mich mit meinen Zaubern. So hatten wir alle eine Menge zu tun und keine Langeweile. Abends saßen wir im Gasthaus am Feuer und erzählten uns Geschichten. Nachts, ich muß es zugeben, überkam auch mich dieses Gefühl, etwas Böses schleiche um die Burg aber niemand der Anderen spürte etwas. Dann eines Tages kam Cart von seinen Erkundungen zurück und berichtete er habe eine Ogerspur gefunden. Oger, die kannten wir ja schon. Unangenehme Gesellen. Vor allem in Gruppen. Wir würden etwas unternehmen müssen. Jetzt gab es die Gelegenheit, uns für die hervoragende Unterbringung zu revanchieren.
Ein Gedanke zu „Die Burg am See“