Der Ogerwald
Oger, das wusst ich noch aus meiner Schulzeit, waren bösartige, übel gelaunte Kreaturen, die nicht einmal untereinander einen gesitteten Umgang pflegten. Das hatte den Vorteil, dass man sie selten in größeren Gruppen antraf. Eine Zusammenrottung von Ogern wäre einer Naturkatastrophe gleichgekommen. Wir erwarteten also nur maximal drei riesige, häßliche, warzenübersäte, aggressive und extrem kräftige Monster. Selbst das würde ausreichen uns in Verlegenheit zu bringen. Gelinde gesagt. Aber von vorne. Nach der Schlacht im Goblinlager war zuerst das Versorgen der Verwundeten angesagt. Zum Glück gab es keine allzu großen Verletzungen auf unserer Seite, so dass sich das mit ein paar Verbänden und aufgelegten Händen schnell erledigen lies. Interessanterweise konnten das nicht nur die beiden Priester Morrik und Zwerg, sondern auch Adalbert. Auch auf ihn sollte ich wohl ein Auge haben. Danach befragten wir den überlebenden Goblin. Die Versuche meiner Gefährten waren hier nicht von Erfolg gekrönt und verängstigten die arme Kreatur nur weiter. Jacques Idee ihn dann auf Orkisch anzusprechen hätte fast zu seinem vorzeitigen Ableben geführt. Daraufhin übernahm ich selbst die Angelegenheit. Goblin ist bei uns Pflichtfach. Nicht sehr beliebt, aber es ist gut seine Gegner zu verstehen. Allzuviel war trotzdem nicht aus dem Kerl herauszukriegen, aber er beruhigte sich etwas. Nach seiner Schilderung hatte sich die Gruppe Goblins vom restlichen Stamm getrennt und war auf eigene Faust marodierend durch die Gegend gezogen. Hier in der Nähe des Gasthauses hielten sie sich jetzt schon eine ganze Weile auf. Sie waren völlig unabhängig und hatten noch nie von den Ogern gehört, die wir suchten. Fehlanzeige. Aber eine Bedrohung weniger für die Anwohner und Reisende. Meine Kameraden ließen sich davon überzeugen, ihn am Leben zu lassen und ihn im Bewusstsein nach Hause zu senden, dass es besser ist, genau dort zu bleiben. Zu Hause. Wie zu erwarten hatten die Goblins auch keinerlei Wertgegenstände, die Ausbeute waren 50 Kupferstücke, ja genau, Kupfer und ein großes Feuer. Cart behielt einen der Goblinspieße. Ob aus sentimentalen oder praktischen Gründen war mir unklar. Adalbert verbrannte die Goblinleichen im Feuer. Sehr ordentlich. Aber so einige Tiere hätten sich über das Futter gefreut. Im Gasthaus wurden wir hocherfreut empfangen, man gab uns die besten Zimmer und veranstaltete ein kleines Fest zu unseren Ehren. Daran könnte ich mich gewöhnen. Vielleicht sollte ich ein Leben als Abenteurer in Erwägung ziehen. Ich musste mal darüber nachdenken. Bei Gelegenheit. Die Wirtsleute erzählten uns von einem Ogerwald hier in der Nähe, aber von Ogern selbst wussten sie nichts. Unauffällige Oger? Seltsam. Hoffentlich waren wir nicht umsonst hierher gereist. So schön das Reiten auf dem Pony ist, im Gegensatz zu dem Fahren eines Pferdegespanns, ich merkte die zwei Tage ganz deutlich in bestimmten Körperteilen. Angeblich gewöhnte man sich daran. Wir würden sehen. Am nächsten Tag brachen wir erst spät, nach einem ausgedehnten Frühstück auf. Der Ogerwald war nur wenige Stunden entfernt. Das heißt, das uns zugewandte Ende des Ogerwalds. Es handelte sich offenbar um einen größeren Wald. Nicht vergleichbar mit dem Rotwald, sicher. Aber wenn wir Pech hatten, mussten wir lange suchen bis wir den ersten Oger ausfindig machen konnten. Jacques lief diesmal ein Stück vorweg. Wahrscheinlich wollte er nicht mit den Anderen über seine kämpferische Leistung im Goblinlager diskutieren. Verständlich. Selbst ich wäre in seiner Situation nicht auf die Idee gekommen, den Bogen zu benutzen. Ich denke, man musste ihn ihm Auge behalten. Wer weiß auf welche Ideen er noch kommt. Am frühen Nachmittag hatten wir dann die Ausläufer des Ogerwaldes erreicht. Der Wald machte eigentlich einen ganz normalen, unauffälligen Eindruck. Keine Anzeichen von Ogern irgendwo. Aber das wäre vermutlich auch zu viel verlangt. Wir schlugen ein kleines Behelfslager auf und Jacques und Cart machten sich auf in den Wald um nach Spuren zu suchen.
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